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Um fünf Uhr gab es Tee. Mit ruhigen und geübten Handgriffen bereitete das Personal die Tafeln des großen Saales dafür vor. Man entfernte, was auf den Tischen lag und dort nichts zu suchen hatte, platzierte den Blumenschmuck und strich die Decken glatt. Peterson schob und zog die Rollstühle und Apparate ein wenig von den Tischen weg, um das Eindecken zu erleichtern. Die hölzerne Trennwand zur Teeküche wurde hinweg gefaltet und der verheißungsvolle Duft ließ die eine oder andere Zunge über die Lippen gleiten oder gierig aus dem Mund hervor schnellen - je nach Zustand ihres Besitzers. Miss Hastings kümmerte sich stets rührend darum, der täglichen Teestunde einen festlichen Rahmen zu verleihen. Kragen und Frisuren wurden gerichtet und Brillen wurden abgenommen. Hier und da reichte man die künstlichen Zähne, weil es mitunter notwendig war, sie über den Rest des Tages sicher zu verwahren. Gemäß einer neueren Dienstanweisung wurden die Kerzen auf den Tischen erst kurz vor dem Servieren entzündet, weil es immer wieder Zwischenfälle gegeben hatte. Zwei Minuten vor fünf begann man den Tee einzugießen, der vorher gewissenhaft abzukühlen war, um Verbrühungen zu vermeiden. Um Punkt fünf Uhr nickte Mister Strauss fast unmerklich mit dem Kopf und auf dieses Zeichen hin wurden all die hungrigen, die ungeduldigen und die hilflosen oder grundlos heiteren und dennoch liebenswerten Gäste des Hauses an die ihnen bestimmten Plätze geschoben. Emily hasste dieses Ritual, diesen täglich wiederkehrenden und unumgänglichen Beweis der Versehrtheit. Wie gerne wäre sie weggelaufen. Einfach aufgesprungen und weggelaufen. Dabei konnte sie noch nicht mal einen Fuß heben. Und wenn es auch nur gewesen wäre, um jemanden ein Bein zu stellen. Der Leib jenseits Ihres Nabels war seit Jahren ohne jede Regung. Und somit war er auch ohne Zweck, wie Emily fand.

Clara, ihre heutige Tischnachbarin, war für die überaus liberale Einstellung bekannt, mit der sie Gebäck von fremden Tellern als das ihre zu betrachten pflegte. Doch so wachsam Emily auch sonst ihr Territorium zu sichern pflegte – heute war sie unruhig und fern. Unablässig kontrollierte sie die Zeit durch rastlose Blicke auf ihre Uhr. Zwischen jedem Bissen sah sie suchend zur Eingangstür der Halle. Schmerzhaft dehnten sich die Minuten. Emilys Tochter hieß Eva. Und sie hätte längst hier sein müssen. „Ein wichtiger Kunde...“ ,würde sie sagen, wenn sie denn endlich käme, nur um bald wieder zu gehen. Dabei war es gerade heute so wichtig, dass ihre Tochter sie besuchte. Denn unter anderem ging es um Leben und Tod.

Endlich kam Eva. Ganz ohne Eile war sie in die Halle eingetreten, hatte kurz und nur ungefähr, wie Emily fand, in ihre Richtung genickt und war dann an Mister Strauss herangetreten. Sie begrüßten sich und wechselten darüber hinaus noch einige Worte. Viel zu höflich, wie Emily fand, ging Eva mit Mister Strauss, dem Heimleiter, um. War Eva nicht ihr Anwalt in dieser Sache? Hatte sie Mister Strauss nicht davon zu unterrichten, wie schlecht ihr die schweren Menüs am Abend bekamen, wie sehr es auf der Frühstücksterrasse zog und dass Misses Blackstone ständig log und stahl? Aber Emily war sich fast sicher, dass ihre Tochter nichts von alledem erwähnen würde. Wahrscheinlich, weil sie froh war, dass Emily hier untergebracht war und dass sie zwischen diesen täglichen Pflichtbesuchen unbehelligt ihr eigenes Leben genießen konnte. Vielleicht waren ihr die ständig neuen Anliegen ihrer gebrechlichen Mutter sogar peinlich? Solche oder ähnlich bittere Gedanken besuchten Emily zuweilen. Wenn Eva allerdings dann bei ihr saß, war alles anders. Wenn sie Emily Postkarten oder Geschichten vorlas, Bilder von den Enkeln zeigte oder eine kleine Auswahl von Pralinen aus ihrer Tasche zauberte, um sie mit ihr zu teilen, dann spürte diese die tiefe Liebe ihrer Tochter und balsamierte ihre Seele damit ein. In solchen Momenten konnte sich Emily sogar für ihre grimmigen und ungerechten Gedanken schämen und gelobte sich Besserung. Was sie allerdings nicht daran hinderte, ihre Tochter zu verfluchen, sobald sie ihr wieder den Rücken gekehrt hatte.

Eva begrüßte auf ihrem Weg noch Peterson und Miss Hastings und ging – endlich und viel zu spät, wie Emily in sich hinein brummte – mit ausgestreckten Armen auf ihre Mutter zu, um sie gebührend zu begrüßen. Mechanisch erwiderte Emily die Umarmung. Ungeduldig nahm sie ihre Tasche vom Tisch und löste die Bremse ihres Rollstuhls.
»Fahr mich in den Park! Schnell«, zischte sie Eva zu und blickte sich argwöhnisch um. Eva schob sie ruhig und gehorsam im Slalom um die anderen Tische herum und über die Veranda hinaus in den Garten. Ab und an legte sie ihre Hand auf die Schulter ihrer Mutter. Aber Emily blieb aufgeregt.
»Fahr weiter. Hier sind wir noch nicht in Sicherheit.«
Eva war irritiert: »Was meinst du damit?«
»Fahr! Frag nicht und fahr! Tu bitte einmal, was man Dir sagt«.
Sie ließen das Gebäude hinter sich, den Kern des Parks mit den kurz gestutzten Hecken, mit den nymphenbesetzten Brunnen und Trinkbecken und fuhren eilig in Richtung des Strandes. Erst in den Dünen wurde Emily etwas ruhiger.
»Hier rein! Bieg hier ab«. Der Holzsteg, der durch die Dünen führte, verzweigte sich unvermittelt und unscheinbar. Sie folgten dem Abzweig, durchquerten eine Ansammlung niederer Kiefern und fanden sich am Ende des Weges in einer Art Kessel wieder, umgeben von mannshohen Wänden aus Sand. Hier fing sich kein Windhauch und kein Geräusch. Eva fühlte eine leise Beklemmung. Emily hingegen atmete erleichtert auf. Schnell und geschickt zog sie eine Zigarette und ein schlankes Feuerzeug aus ihrer Handtasche und begann zu rauchen. Evas vorwurfsvollen Blick wischte sie mit einer energischen Handbewegung bei Seite.
» Wenn Du wüsstest, wie es um mich steht, würdest du selbst rauchen, mein liebes Kind!«
Sie sah Eva mit zusammengekniffenen Augen an: »Du würdest sogar trinken!«

Eva ertrug die Launen ihrer Mutter meist mit Geduld und Gleichmut. Emily war in früheren Jahren durchaus eine beliebte und warmherzige Frau gewesen, aber ihre Lähmung hatte sie zynisch und bösartig werden lassen. Eva hatte einen Trick. Bevor sie das Gebäude betrat, versuchte sie sich stets an besonders schöne Momente mit ihrer Mutter zu erinnern. Für jede Stufe der Eingangstreppe wählte sie eine andere gute Erinnerung. Das half ihr dann in der Regel über die Sticheleien und ständig wiederkehrenden Vorwürfe hinweg. Es funktionierte sogar ausgezeichnet und meist waren beide auf diese Art und Wiese am Ende des Nachmittags zufrieden und einigermaßen glücklich. Aber heute war nichts wie gewohnt. Eva spürte, dass ihre Mutter aus einem ganz anderen und neuen Grund so böse war. Sie fragte sich fast schon verzweifelt, ob sie vielleicht irgendetwas vergessen hatte, einen Hochzeits- oder Todestag, eine Nachricht oder ein Medikament. Aber sie konnte einfach keine Schuld bei sich finden. Dabei gab es eine ganz einfache Erklärung: Emily hatte furchtbare Angst. Ihre Finger zuckten. Ihr Herz klopfte, als wäre es das letzte einsame Organ in Ihrer Brust. Sie schwitzte und sie fror zugleich und bemerkte doch nichts von beidem. Denn sie bestand ganz aus Angst.

Voller Unbehagen sah Eva auf die hohen Wände aus Sand, die sie umgaben. Zögernd begann Emily zu erzählen, während ihre Augen unablässig den Weg hinter Evas Rücken kontrollierten.
»Eva, hör zu! Ich mag zwar manchmal ein harter Brocken sein, aber Du weißt ja im Grunde, wie sehr ich Dich liebe. Ich habe es nicht immer leicht gehabt und Du musst mich ja auch nur die paar Stunden in der Woche ertragen. - Und überhaupt: Du müsstest ja nicht kommen. - Aber wie dem auch sei: wir haben heute keine Zeit, uns mit Höflichkeiten aufzuhalten. Du weißt, dass ich eigentlich nie etwas wirklich verlange. Aber heute habe ich eine Bitte, eine sehr wichtige Bitte: Du musst mich hier rausholen. Ich weiß nicht genau, wann Peterson am Zug ist, aber es wird heute oder morgen sein und wenn Du mich nicht in Sicherheit bringst, dann kannst Du auf dem Heimweg gleich einen Sarg für mich heraussuchen, denn den werden wir dann brauchen.«
Emily hatte sehr schnell gesprochen und dabei geheimnisvoll gezischt. Eva sah sie erschrocken an und öffnete langsam den Mund, allerdings ohne es selbst zu bemerken.
»Ja, ja, liebe Tochter. Ich kann mir schon vorstellen, dass Du das nicht hören willst. Aber ich kann es Dir sogar beweisen, makaberer Weise sogar mit meinem Ableben, wenn Du das wünschst. Du brauchst mich nur weiter mit offenem Mund anzustarren und nichts zu tun. Dann wird sich die Sache schon erledigen!«
Eva war unter der Kanonade Ihrer Mutter langsam weiß geworden. Sie schloss den Mund und versuchte tapfer, ihrer Mutter einige Fragen zu stellen.
»Mutter, um Himmelswillen, fühlst Du Dich bedroht? Wer hat es auf Dich abgesehen? Geht es um Dein Vermögen, um den Schmuck? Sag doch etwas!« Eva war bemüht, ihre Stimme ruhig und bedacht klingen zu lassen, aber hin und wieder entglitt sie ihr vor Aufregung.
»Der Schmuck ist doch gar nichts wert – nein, nein, sie treiben ein Spiel mit uns.«
»Wer treibt sein Spiel mit Euch?«, fragte Eva ungläubig.
Emily entzündete eine neue Zigarette und schüttelte unwirsch den Kopf.
»Sicher ist bloß, dass Peterson seine Finger drin hat. Die Hastings auch. Aber wir können uns schlecht vorstellen, dass sie das alles nur zu zweit schaffen.«
»Was „alles“?«, fragte Eva tonlos.
»Ich wäre allein vielleicht gar nicht so schnell darauf gekommen. Der alte Doktor Hemingway hat mich darauf gebracht. Wir haben das einmal überschlagen. In den letzten 9 Monaten sind hier so viele unerwartete Todesfälle aufgetreten, wie in den ganzen vier vorangegangen Jahren zusammen. Und seit wir unsere Theorie haben, können wir sogar relativ sicher vorhersagen, wen es als nächsten erwischt.«
Eva schüttelte entsetzt den Kopf. Emily fuhr ungerührt fort.
»Es ist ein bisschen wie Schach oder Bridge. Sie spielen nach festen und komplexen Regeln. Doktor Hemingway hat über drei Wochen lang die Positionen aller Personen zu den jeweiligen Mahlzeiten aufgezeichnet. Wir werden jeden Tag scheinbar willkürlich platziert. Aber es muss ein Muster geben. Alles was wir bis jetzt herausbekommen haben, ist, dass die letzte Entscheidung wohl stets an einem Vierertisch fällt. Wer auch immer in den letzten Monaten hier aus dem Leben schied – er saß am Abend zuvor an einem Vierertisch. Die Geschwister McNeill hat es sogar zusammen erwischt. Beide saßen am Abend noch gemeinsam am Tisch neben dem Kamin. Morgens haben sie die Schwestern gefunden, so steif wie des Doktors Kragen.« Sie kicherte grimmig und unpassend.

»Vielleicht war es eine Art Unentschieden«.
Emily wurde von einem Husten unerbrochen und suchte in Ihrem Cape verstohlen nach den Herztabletten.
»Manche sterben auch direkt am Tisch. Wir sind uns nicht ganz sicher, wie die Spielzüge vollendet werden. Da sind die beiden sehr geschickt. Miss Hastings ist ja ausgebildete Krankenschwester und Peterson ist ohnehin alles zuzutrauen - seine Augenbrauen sind zusammengewachsen.«
Sie deutete mit ihrem eigenen Finger auf die Stirn, um das Erzählte zu verdeutlichen und um ihre noch immer zuckenden Fingern mit einer Aufgabe abzulenken.
»Doktor Hemingway hat versucht, die letzten drei Leichen heimlich zu untersuchen. Er hat sogar eine Leberprobe entnommen. Aber die Sendung ans Laboratorium wurde abgefangen. Zwei der Untersuchten starben mit einiger Sicherheit an Herzversagen, aber Doktor Hemingway meint, da gibt es ganz perfide Möglichkeiten mit bestimmten Chemikalien. Ich wollte es gar nicht wissen... Wie spät ist es eigentlich?«
»Viertel vor Sechs«, antwortete Eva leise.
»Schlecht. Dann haben wir keine Zeit mehr zum Plaudern. Fahr mich zurück. Du kannst Mister Strauss sagen, ich hätte unterwegs eine Kolik gehabt. Das ist den Ärzten hier zu kompliziert. Er wird Dir empfehlen, mich mitzunehmen. Na los! Oder willst Du mich gleich hier erfrieren lassen?«

Kraftlos drehte Eva den Rollstuhl und machte sich mit ihrer Mutter auf den Heimweg. Es ging leicht bergan und war für Eva mühsam zu schieben. Aber das war es nicht, was sie so gebeugt erscheinen ließ. Mister Strauss hatte sie schon seit Wochen behutsam darauf vorbereitet. Emilys geistiger Zustand hatte sich seit dem Sommer rapide verschlechtert. Am Anfang hatte sie nur hin und wieder ihre Perücke vergessen oder einige Namen vertauscht. Mit der Zeit waren ihre Ausfälle jedoch umfassender und auffälliger geworden. Mister Strauss hatte ihr ein Gespräch mit dem behandelnden Neurologen vermittelt. Der hatte Eva erklärt, dass Emilys Problem nicht der generelle Verlust von geistiger Fähigkeit war, sondern, dass sie in Zukunft immer weniger in der Lage sein würde, mit den Geschehnissen umzugehen. Emily würde sie nicht mehr bewerten und einordnen können. Sie würde langsam verrückt werden. Das hatte der Arzt natürlich nicht gesagt. Aber Eva hatte es genau so verstanden. Und deshalb schob sie nun ihre Mutter so traurig durch die Dünen. Weil Emily so verloren wirkte. Weil es einen Doktor Hemingway gar nicht gab. Und weil das Verrücktwerden jetzt offensichtlich begann.

Sie gab ihrer Mutter etwas von dem Saft, den der Neurologe vorsorglich verschrieben hatte und sagte ihr, es sei gegen den Husten. Als sie in den Park zurückkehrten, war sie tatsächlich schon eingeschlafen, obwohl sie Minuten zuvor noch heftigst auf ihre Tochter eingeredet hatte. Eva tupfte sich ein paar Tränen aus dem Gesicht, drehte Emily in die warme Abendsonne und küsste ihr zum Abschied die Stirn. Dann ging sie in die Halle und sprach noch einige Minuten mit Mister Strauss, der ihr versprach, sie zukünftig bei allen besonderen Vorfällen zu jeder Tages- oder Nachtzeit anzurufen. Er nickte ihr zum Abschied zu. Es war aufrichtig gemeint. Aber es war das gleiche Nicken, mit dem er auch die tägliche Teestunde beginnen ließ.

Eva war schon auf dem Weg zurück in die Stadt, als Emily erwachte. Ihr Rollstuhl wurde gedreht und jemand machte sich mit ihr auf dem Weg in den Speisesaal. Augenblicklich verflog der Rest ihres eigenartigen Schlafes und machte einer grauenhaften Gewissheit Platz: Eva hatte sie offensichtlich verraten. Ihre Tochter war gefahren, obwohl sie wusste, dass ihre Mutter der sichere Tod erwarten würde. Und der, der sie in den Saal schob, war nicht irgendjemand. Es war der Teufel selbst. Peterson verwendete ein sehr holziges Parfüm und darunter stank er nach Gin.
»Kommen Sie, meine Liebe. Ich bringe Sie zu Tisch. Wir wollen doch nicht, dass Sie sich hier draußen den Tod holen.« Er beugte sich über sie und richtete ihren Schal. Emily wurde starr vor Entsetzen. Sie ließ ihren Kopf auf der Seite, so als ob sie weiter schliefe und hielt die Augen fest geschlossen. Ihre Gedanken jagten und suchten Auswege. Um sich vernahm sie schon die Geräusche und Gerüche des großen Saales. Sie zwang sich nicht zu blinzeln. Ihr Herz schlug laut und hohl und sie hätte dringend eine ihrer Kapseln nehmen müssen, aber sie wagte nicht, sich zu bewegen. Der Stuhl wurde angehalten und die Bremse klickte beim Einrasten. Ohne die Augen zu öffnen wusste Emily, wo Peterson sie platziert hatte. Sie roch die Vorspeise und neben sich hörte sie jemanden zittrig mit dem Löffel klimpern. Darunter lag das Knistern von brennendem Holz. Es war der Tisch am Kamin. Sie saßen zu viert. Eine Hand legte sich sanft auf ihre Schulter und Miss Hastings flüsterte Ihr ins Ohr, dass sie aufwachen solle, ihre Lieblingsspeise stünde für sie bereit. »Pass auf, Emily«, schrie Doktor Hemingways Stimme in Ihrem Kopf. Sie presste die Augenlider zusammen. Die Stimme in ihrem Kopf schrie weiter. Ihr Herz schlug laut und hohl. Neben ihr fiel der Löffel zu Boden. Fast lautlos landete er auf dem dicken Teppich. Aber da war Emily schon tot.

Der Vorfall hatte für einige Aufregung gesorgt, so dass das Diner erst nach neun Uhr beendet werden konnte. Eva war inzwischen zurückgekehrt und erledigte unter Tränen die notwendigen Formalitäten, während Mister Strauss versuchte, ihr Trost zu spenden. Miss Hastings entfernte still die Reste auf den Tischen. Peterson schob den schweren Geschirrwagen aus dem Saal. Einen Moment später folgte ihm Miss Hastings lautlos. Kurz vor der Küche ließen beide den Wagen auf dem Gang stehen, drehten sich kurz um und verschwanden in einer der vielen Kammern.Als Miss Hastings die Türe hinter ihnen geschlossen hatte, umarmte sie Peterson und schob ihn rückwärts gegen die Wand.
Atemlos hauchte sie ihm ins Gesicht: » Du bist so... so stark, so verwegen. Das macht mich ganz verrückt. Und immer kommst du mir zuvor. Wie stellst du das nur an? Emily war doch so misstrauisch. Sag, wie hast Du es diesmal gemacht?«
Peterson öffnete verständnislos den Mund, aber sie zog ihn nur noch fester an sich.
»Ich habe wirklich nichts...«, er stockte. Erwartungsvoll hing sie an seinen Lippen. Mit wohligem Schaudern sah sie ihn an. Er räusperte sich.
»Nun, in der Tat: Es war gar nicht so einfach...«, begann er langsam und freute sich auf den weiteren Abend.




© 2004 Christoph Krumbiegel